Forderungen an die künftige Berliner Landesregierung

Wir bedanken uns ganz herzlich bei allen Berliner Wählenden, die uns ihre Stimme gegeben haben! Da wir mit nur einem Thema angetreten sind und wohl auch alle an diesem Thema sehr frustrierten Wählenden mehr als nur ein Thema abwägen, ist unser Wahlergebnis eine motivierende Grundlage, uns weiter für die bestmögliche Bildung in Berlin einzusetzen.

Daher fordern wir im Sinne unserer Grundsätze in einem ersten Schritt die zukünftigen Regierungsparteien auf, Lehrkräfte in Berlin wieder zu verbeamten, um alle Potentiale zu halten und zu gewinnen. Dies ist kein Widerspruch zu weiteren Maßnahmen, wie sie etwa die GEW Berlin fordert oder Staatssekretär a.D. Mark Rackles formuliert (wenn auch seine inkonsistente Herleitung keiner kritischen Überprüfung standhält). Es kann nicht mehr heißen „entweder oder“, sondern nur noch „sowohl, als auch“!

Bildet Berlin! fordert vielmehr, das Alter für eine mögliche Verbeamtung mit kreativen Lösungen (ggf. für ein definiertes Zeitfenster) so hoch wie irgend möglich zu setzen. Kolleginnen, die schon lange beim Land Berlin als Lehrkraft arbeiten und zu Beginn ihrer Tarifbeschäftigung unter 45 Jahre alt waren, müssen ein Angebot zur Verbeamtung erhalten.

Letztlich werden verbeamtete Kolleginnen, die aus anderen Bundesländern nach Berlin kommen, auch in das Berliner Beamtenverhältnis übernommen, selbst wenn sie über 50 sind (die Berliner Steuerzahlenden folglich für deren Pensionskosten aufkommen müssen). Sollte der politische Wille für diese Gerechtigkeit nicht vorhanden sein, fordern wir im Sinne der sozialdemokratischen Leitlinie „Gleiches Geld für gleiche Arbeit“ alternativ eine Zulage für die angestellten Kolleginnen in einer Höhe, die geeignet ist, alle monetären Netto-Unterschiede zwischen verbeamteten und angestellten Kolleginnen tatsächlich auszugleichen. Wie Bildet Berlin! ausgerechnet hat, müsste Berlin zur Beseitigung der heutigen Benachteiligung angestellter Lehrkräfte diese in die Entgeltgruppe 15 eingruppieren. Diese Möglichkeit haben jedoch zunächst 2015 der ddb, 2017 dann auch GEW und ver.di durch Abschluss der Entgeltordnung für Lehrkräfte verhindert. Was bleibt, ist die Möglichkeit, Zulagen zu gewähren. Diese müssten folglich dem Umfang einer Höhergruppierung in die E15 entsprechen. Reizt man die in §16 (5) des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) vorgesehenen Möglichkeiten „zur Deckung des Personalbedarfs“ bzw. „zur Bindung von qualifizierten Fachkräften“ dauerhaft mit einer Zulage in Höhe von 20 % der Stufe 2 aus, so kann dies bei weiterhin dauerhaft gewährleisteter Nebenabrede zur Vorweggewährung der Erfahrungsstufe 5 zumindest für ledige, kinderlose Lehrkräfte nahezu erreicht werden. Hierfür müssten aber die Versteckspiele der letzten Koalitionen hinter der Tarifgemeinschaft der Länder (leider leider hätte man sich nicht gegen die Mehrheit stellen können – die aber selbstverständlich kein Interesse daran hat, Berlin im Wettbewerb um Fachkräfte dieses Zugeständnis zu machen) endlich beendet werden oder im Umkehrschluss – den politischen Willen zu „gleichem Nettolohn für gleiche Arbeit“ vorausgesetzt – eben doch zur Verbeamtung als zumindest bei gleichzeitigem Verbleib in der TdL einzigen Weg überhaupt realisierbarer Gerechtigkeit zurückgekehrt werden. Auch das Versteckspiel hinter Gesetzen kann niemanden mehr überzeugen, denn die Koalitionäre verfügen im Parlament über die Mehrheit, um Gesetze zu beschließen. Sogar eine Gesundheitsprüfung haben alle entfristeten Kolleg*innen bereits „bestanden“ oder sie wurde ihnen aus ihnen nicht zuzuschreibendem Personalmangel vorenthalten. Daher muss von einer bereits bestandenen Gesundheitsprüfung für alle schon lange im Berliner Angestelltenverhältnis entfristet arbeitenden Lehrkräfte ausgegangen werden. Ihren Umfang als für eine Verbeamtung rechtfertigend zu interpretieren, obliegt nicht dem Bund, sondern liegt im Regierungshandeln der Länder.

So lautet der wesentliche Baustein jeder ernstgemeinten Absicherung aller Potentiale, voll ausgebildete Lehrkräfte in Berlin zu halten oder für Berlin zu gewinnen: Verbeamtung oder zumindest verlässlich die monatlich entsprechende Zulage in Höhe von 20 % der Stufe 2 (vgl. § 16 (5) TV-L)!

Mit gleichem Nettolohn für gleiche Arbeit bei Lehrkräften sind jedoch leider weder der dramatische Personalmangel, noch die häufig beschämenden Rahmenbedingungen im Berliner Bildungsbereich auch nur ansatzweise abgearbeitet: Während alle im Bildungsbereich tätigen Personen unter den in Berlin vorherrschenden miserablen Arbeitsbedingungen ihrer gesetzlich verankerten Eigenverantwortung täglich bestmögliche Bildung für Kinder und Jugendliche zu realisieren, mit voller Leidenschaft und häufig am Rande ihrer Kräfte oder darüber hinaus nachgekommen sind, haben die Koalitionen in den letzten Jahrzehnten versäumt, die Zeit zu nutzen, ein für den Bildungsbereich tragfähiges und krisensicher funktionierendes Konzept zu erarbeiten, entsprechende Lösungen anzubieten und anschließend in der Praxis zu etablieren sowie diese einem selbst auferlegten Qualitätszyklus zu unterziehen.

In diesem Sinne erwarten wir, dass die künftige Berliner Regierung im Koalitionsvertrag unter anderem zu folgenden Themen endlich substantielle wie nachhaltige Konzepte mit den an Bildung beteiligten Personen zu erarbeiten und anschließend umzusetzen garantiert:

  • 110% Personalausstattung an jeder Bildungseinrichtung. Statistisch fällt mangels aus¬reichender Personaldecke in zehn Schuljahren noch immer ein komplettes Schuljahr aus.
  • Inklusion: Eine feigenblattähnliche Inklusion, wie sie in Berlin in den letzten Jahren als „Spardose“ missbraucht wurde, wird nur auf dem Rücken der Beteiligten „ausgetragen“.
  • Saubere Bildungseinrichtungen, damit Lernen bestmögliche Voraussetzungen hat.
  • Die Bildungsverwaltung ist einer gründlichen externen Bestandsaufnahme zu unterziehen. Vor allem aber muss sie als zeitgemäß vertrauensvolle, wertschätzende sowie in erster Linie unterstützende Serviceinstitution für alle Bildungseinrichtungen komplett neu organisiert werden.

Selbstverständlich werden Fehlentwicklungen der letzten Dekaden nicht von heute auf morgen beseitigt werden können. So könnte aber auch ein diesmal in einem Staatsvertrag abgesichertes Arbeitszeitkontenmodell über einen langen Zeitraum angewandt nicht nur diversen Scheinargumenten („Wir können uns keine Lehrkräfte backen“) trotzen, sondern auch den sogenannten Schweinezyklus durchbrechen.

Bildet Berlin!

…nicht nur im Wahlkampf!

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