Schulleitungsverbände fordern Rückkehr zur Verbeamtung von Lehrkräften

Aktuell fordern zahlreiche Schulleitungsvereinigung in selten dagewesener Einigkeit dringend eine Rückkehr zur Verbeamtung von Lehrkräften (vgl. Beiträge im Tagesspiegel und der Berliner Morgenpost). Als Bildet Berlin! setzen wir uns seit unserer Gründung um eine konkurrenzfähige Bezahlung von Lehrkräften ein, um engagiertes und motiviertes Personal für die Berliner Bildungseinrichtungen zu gewinnen und dann auch dauerhaft zu halten. Dabei waren wir – wie schon unser Gründungsmanifest zeigt – stets offen, dies durch eine verbesserte Bezahlung von Angestellten oder durch eine Rückkehr zur Verbeamtung zu realisieren. Fakt ist, dass Berlin mittlerweile als einziges Bundesland Lehrkräfte nicht verbeamtet, angestellte Lehrkräfte aber weiterhin massive finanzielle Einbußen in Kauf nehmen müssen und jedes Jahr hunderte erfahrene und oft auf Kosten des Landes ausgebildete Lehrkräfte die Berliner Schule verlassen. Und so stellt eine konkurrenzfähige Bezahlung von Pädagoginnen und Pädagogen auch weitere eine zentrale Forderung von Bildet Berlin! dar, um die erforderliche Personalausstattung in Berliner Bildungseinrichtungen gewährleisten zu können (vgl. Ziel 2 unserer Forderungen).

Anlässlich der Stellungnahme der Schulleitungsvereinigungen möchten wir hier an drei Aktionen von Bildet Berlin! in den vergangenen Jahren erinnern:


Gründung von Bildet Berlin!: 3000 Unterschriften für Bildungsqualität und Konkurrenzfähigkeit an Bildungssenatorin Scheeres übergeben

Am 2. März 2012, versammelten sich rund 250 Berliner Lehrerinnen und Lehrer vor der Bildungsverwaltung, um 3000 Unterschriften an die Bildungssenatorin Scheeres zu überreichen. Mit diesen forderten Berliner Lehrkräfte von über 100 Schulen die Gleichstellung von angestellten Lehrkräften mit ihren beamteten Kolleginnen und Kollegen, um die Konkurrenzfähigkeit des Berliner Schulsystems wieder herzustellen und ein hochwertiges Bildungsangebot für die Jugend der Stadt zu sichern. Symbolisch brachten viele Lehrkräfte Umzugskartons mit, um zu signalisieren, dass Berlin die Abwanderung seiner Nachwuchskräfte in andere Bundesländer riskiert. Die Übergabe der Unterschriften gestaltete sich zunächst etwas turbulent, da der vorgesehene Raum für die vielen Anwesenden zu klein war – das Anliegen mobilisierte eine so große Anzahl von Lehrkräften, dass zwischenzeitig sogar die Polizei gerufen wurde, um den Zugang zum Gebäude zu verhindern.

Die Übergabe der Unterschriften konnte schließlich im Foyer des Senatsgebäudes durchgeführt werden, im Anschluss folgte dann ein Gespräch mit Frau Scheeres im kleineren Kreis. Das Gespräch führten Florian Bublys („Bildet Berlin!“), Torsten Ulrich („Verbeamtung Jetzt“), Christian Häuser („Netzwerk Soziale Gerechtigkeit“) sowie einige Schulvertreterinnen und Schulvertreter.

Grundsätzlich wurde von Seiten der Bildungssenatorin deutlich gemacht, dass die Forderungen von „Bildet Berlin!“ angesichts der allgemeinen Haushaltslage des Landes Berlin kaum erfüllt werden könnten; eine Gleichstellung sei demnach nicht absehbar. Verwiesen wurde in diesem Zusammenhang auf Erfolge wie die Eingruppierung in die Erfahrungsstufe 5 oder die aktuell beschlossene Reform der Lehrerausbildung in Berlin. Letztere wurde gleichzeitig als eine Zäsur hinsichtlich der Qualitätssicherung im Berliner Schulsystem hervorgehoben.

Die von „Bildet Berlin!“ geäußerte Sorge, dass durch die anstehenden Pensionierungswellen sowie Abwanderungstendenzen von Junglehrern die enorme Anzahl von offenen Stellen in den nächsten Jahren nicht besetzt und somit die Bildungsqualität im Berliner Schulsystem gerade nicht gesichert werden könnten wurde mit dem Verweis auf den intendierten Ausbau von Quereinsteiger- und teach-first-Programmen sowie dem PKB-System negiert. Auch die zahlreichen Hinweise aus dem Plenum darauf, dass sich aus eben diesem Vorgehen zum Teil unhaltbare Zustände in den Schulen ergeben und gleichzeitig Stellen für entsprechend ausgebildete Kräfte verbaut würden, konnten an der positiven Bewertung der genannten Maßnahmen von Seiten der Senatorin nichts ändern. Tatsächlich wurde signalisiert, dass über andere Lösungen erst nachgedacht werden könne, wenn in zehn, zwanzig Jahren festgestellt werden würde, dass der Lehrerbedarf nicht zu decken sei und Qualitätseinbußen von Bildung erkennbar würden. Bis dahin müssten die möglichst kostenneutralsten Wege beschritten werden, um die Attraktivität für Nachwuchskräfte und insgesamt die Qualität des Berliner Schulsystems zu sichern. Diesen Weg hält „Bildet Berlin!“ für fahrlässig und verantwortungslos.

Zwar hätten die Haushaltsberatungen einen Aufwuchs von 300 Millionen Euro für den Bildungsbereich ergeben, allerdings seien diese durch die weitere Absicherung der Nebenabrede sowie Gebäudesanierungen und den Ausbau des Ganztagsschulbetriebes insgesamt trotzdem knapp bemessen. Auf die vom Plenum mehrfach hervorgebrachte Frage, aus welchem Grund beamtete Kolleginnen und Kollegen aus anderen Bundesländern übernommen würden, wurde nur ausweichend geantwortet. Insgesamt wurde von Seiten der Senatorin festgestellt, dass solche Fälle selten seien. Geäußert wurde in diesem Zusammenhang die Überlegung, dass Berlin langfristig keine beamteten Kolleginnen undKollegen aus anderen Bundesländern mehr einstelle.

Es bleibt zum Schluss auf die wiederholt vorgebrachte Beteuerung hinzuweisen, dass im Senat fortwährend nach Lösungen gesucht und die Belange von Lehrkräften sehr ernst genommen würden. Es wurde die Absicht signalisiert, weiter im Gespräch zu bleiben. Frau Scheeres verwies in diesem Zusammenhang auch auf ihr „Beschwerdemanagement“, dem die zahlreich aufgezeigten „Einzelfälle“ gemeldet werden können. Sie sei sehr daran interessiert, Missstände zu beheben.

„Bildet Berlin!“ stellt fest, dass der Senat unsere Auffassung der Notwendigkeit politischen Handelns zur Sicherstellung der Berliner Schulqualität und der Herstellung von Gerechtigkeit nicht teilt. Aus Sicht des Senats steht offenbar die statistisch korrekte Abdeckung des Unterrichts vor der Absicherung von dessen Qualität. Der Senat riskiert wissentlich die Abwanderung qualifizierter sowie engagierter Lehrkräfte und versäumt es somit, der Berliner Jugend langfristig die beste Ausbildung zu ermöglichen.

Szenischer Protest mit hunderten Lehrkräften

Hunderte angestellte Lehrkräfte von über 150 Schulen fühlen sich vom Senat im Vergleich zu den von Berlin weiterhin aus anderen Bundesländern übernommenen jungen verbeamteten Kollegen ungerecht behandelt und schlossen sich dem Aufruf von Bildet Berlin! an, diesem Protest in Form einer ironisch überspitzten szenischen Aufführung am Potsdamer Platz am 15. Januar 2013 Ausdruck zu verleihen und sich so auf die etwas andere Art zu empören.

In einer ironischen Satire haben hunderte angestellter Lehrerinnen und Lehrer am 15.01.2013 auf dem Potsdamer Platz symbolisch fünf verbeamtete Kollegen aus Hamburg „willkommen geheißen“. Diese gut gekleideten frisch verbeamteten Hanseaten wurden von einer Dame vom Senat herzlich begrüßt, mit Geld überhäuft und dann auf den vom Senat ausgerollten roten Teppich geschickt, um sich dort von den angestellten Kollegen „feiern“ zu lassen. Wie das ganze ausgesehen hat vermitteln unser YouTube-Video oben sowie die Bilder weiter unten.

Der Bericht der Abendschau erklärt anschaulich die Hintergründe und Zusammenhänge unseres Protests:

Das Schauspiel wurde vom Sprecher von Bildet Berlin! kommentiert. Hier berichtet er von der vorangegangenen Aktion, bei der ca. 30 Aktivisten der Initiative im Anschluß an ein Gespräch mit dem bildungspolitischen Sprecher der SPD Ilkin Özisik im Abgeordnetenhaus den Mitgliedern der SPD-Fraktion Info-Tütchen von Bildet Berlin! übergeben haben, die über die ungerechte Behandlung angestellter Lehrkräfte in Berlin informieren.




Die Dame vom Senat begrüßt den ersten privilegierten Rückkehrer mit einem Haufen Geld.


Glücksmomente: Mit Hamburger Besoldung und damit 20% mehr netto die Hauptstadt genießen!


250 „Kostüme“ hat Bildet Berlin! in einer Sonderschicht angefertigt – sie waren bereits nach wenigen Minuten komplett vergriffen, so groß war der Ansturm von angestellten Lehrkräften, die mit der Aktion ihrem Unmut Luft machen wollten!

Trauer um Lehrkräfte, die Berlin verlassen haben

Berlin verliert durch die Nichtverbeamtung seiner Lehrer*innen 400 bis 450 Pädagogen pro Jahr. Im Zuge dieser erstmals bezifferten Zahlen spricht sogar die Senatsbildungsverwaltung von einer „plausible Größenordnung“. So hat Berlin alleine durch Kündigungen 2017/18 knapp 500 Lehrkräfte verloren. Darüber hinaus verlassen Jahr für Jahr Hunderte Lehrer nach dem Lehramtsstudium sowie nach dem Referendariat die Stadt.
Auch die jüngst abgeschlossenen Tarifverhandlungen 2019 werden daran nichts verbessern: Obwohl der Berliner Finanzsenator Kollatz die Verhandlungen auf Arbeitgeberseite geführt hat, wurde die Chance vertan, mit einer deutlichen Anhebung der Erfahrungsstufe 6 das Nettoeinkommen dem von Beamten anzupassen. Selbst die an den Verhandlungen beteiligte GEW Berlin bemängelt: „Angesichts des gravierenden Lehrkräftemangels im Land und der gärenden Verbeamtungsdiskussion wäre dies ein wichtiges Signal gewesen“. Nicht nur wird die von Angestellten erstreikte Erhöhung erneut pauschal auf die Beamtenbesoldung übertragen, Berlin legt bei der Erhöhung der Besoldung noch 1% oben drauf (bis die Berliner Besoldung den Durchschnitt der Besoldung anderer Bundesländer erreicht hat). Wir sagen dazu: „Thema verfehlt – Setzen! Sechs!“.
Bildet Berlin! ist der Auffassung, dass dieser Entwicklung – vor dem Hintergrund des eklatanten Mangels an Fachlehrkräften – mit der Verbeamtung entgegengetreten werden muss!

In stiller Trauer haben wir am 15. März 2019 mit einer szenischen Beisetzung all derer gedacht, die von uns gegangen sind …

Bericht der Abendschau vom 14. März 2019 (Quelle: RBB).
Die Trauerrede mit Verlesen des Abschiedsbriefts eines nach Osfriesland ausgewanderten Lehrers.
Der Trauermarsch.

Die Einladung:

Zur Einstimmung hatten wir auf Facebook jeden Tag bis zur Veranstaltung eine „Traueranzeige“ wie diese veröffentlicht.